Geschichte und Tradition
Die Bedeutung des Jakobsweges
Der Jakobsweg ist durch die Jahre hinweg zu einem der bekanntesten Pilgerwege der Welt geworden. Besonders durch das Buch von Hape Kerkeling, »Ich bin dann mal weg: Meine Reise auf dem Jakobsweg«, wurde er in den letzten Jahren auch in Deutschland populär. Doch wie alt ist dieser Weg und wie hat er sich entwickelt?
Bereits im Jahr 1047 findet sich die erste namentliche Erwähnung des Jakobsweges. In einer Urkunde des Hospitals von Arconada in der Provinz Palencia wird die nordspanische Hauptverkehrsachse als „Weg, der seit alten Zeiten von Pilgern des heiligen Jakobus und Peter und Paul begangen“ bezeichnet. Diese Erwähnung stellt die Verbindung zum Grab des heiligen Jakobus in Galicien her. So entwickelte sich die Grabstätte in Santiago de Compostela im Mittelalter zu einem der drei Hauptziele der christlichen Pilgerreisen, neben Rom und Jerusalem.
Die Entwicklung des Jakobsweges
Die Verehrung des Apostels Jakobus (der Ältere) in Spanien ist bis ins 7. Jahrhundert bezeugt. Der Legende nach soll Jakobus auf der Iberischen Halbinsel missioniert haben. Im Zeitraum von 818 bis 834 wurde unter König Alfonso II. im äußersten Nordwesten Spaniens das Apostelgrab durch eine Vision entdeckt. Daraufhin wurde Jakobus von den Königen von Asturien und später von León zum Schutzheiligen ernannt.
Ab dem Jahr 930, als Nordspanien wieder vollständig in das christliche Herrschaftsgebiet eingegliedert wurde, fanden sich immer mehr Pilger aus Regionen wie Aquitanien und dem Bodenseegebiet auf dem Weg nach Santiago de Compostela.
Das Gnadenjahr
Ein Gnadenjahr, auch Heiliges Compostelanisches Jahr genannt, wird gefeiert, wenn der Festtag des Heiligen Jakobus (25. Juli) auf einen Sonntag fällt. In diesem Jahr können römisch-katholische Christen einen vollkommenen Ablass erlangen. Das Gnadenjahr gilt für das gesamte Kalenderjahr. Am 31. Dezember des Vorjahres wird die sogenannte Heilige Pforte an der Kathedrale von Santiago de Compostela geöffnet. Pilger, die diese Pforte betreten, erhalten den Ablass, wenn sie aus Verehrung die Kathedrale besuchen, an einem Gottesdienst teilnehmen und die Sakramente der Eucharistie und der Buße empfangen.
Die Blütezeit im Mittelalter und die Wiederbelebung
Im 11. und 12. Jahrhundert erlebte der Jakobsweg seine Blütezeit. Dies war bedingt durch die Reconquista, die Rückeroberung der Iberischen Halbinsel aus der arabischen Herrschaft, sowie durch den Einfluss der Abtei Cluny und die Entstehung nordspanischer Städte entlang des Camino de Santiago. Das Heilige Compostelanische Jahr trug ebenfalls zum Aufschwung bei, indem es den Pilgern einen vollkommenen Ablass gewährte. Der Pilgerstrom erweiterte sich zu dieser Zeit und reichte bis nach Skandinavien und Ostmitteleuropa.
Die Pilgerfahrt erlebte jedoch in der frühen Neuzeit einen Rückgang, bedingt durch die Reformation und die nationalen Kriege zwischen Frankreich und Spanien. Obwohl die Zahl der Pilger stark sank, wurde der Jakobsweg nie ganz aufgegeben. Ein weiterer Aufschwung erfolgte im 19. Jahrhundert, als 1879 die Gebeine des heiligen Jakobus wiederentdeckt wurden. Die Echtheit dieser Reliquien wurde 1884 von Papst Leo XIII. anerkannt.
Der Jakobsweg in der modernen Zeit
Ab den 1970er Jahren kam es zu einer neuen Welle des Interesses für den Jakobsweg. Papst Johannes Paul II. besuchte 1982 Santiago de Compostela und rief dazu auf, die alten europäischen Wurzeln wieder zu entdecken. 1987 erklärte der Europarat den Jakobsweg zum ersten europäischen Kulturweg. Heute pilgern jährlich mehr als 400.000 Menschen auf dem Jakobsweg, um die spirituelle Erfahrung und den Kontakt zur Geschichte zu erleben.
Der Jakobsweg bleibt ein bedeutendes kulturelles und spirituelles Erbe, das sowohl für Gläubige als auch für Reisende aus der ganzen Welt von Bedeutung ist.

